Leserbrief von Andi Bachmann-Roth, Co-Generalsekretär SEA. Bezugnehmend auf einen Artikel von Simon Hehli in der NZZ

Es ist legitim, seine Haltung mit religiösen Motiven zu begründen. Und im Fall des christlichen Glaubens führen die religiösen Motive zu Respekt und Toleranz gegenüber anderen Meinungen. Es waren religiöse Exklusivisten, welche als erste überhaupt Verfassungen mit vollumfänglicher Meinungs- und Religionsfreiheit realisiert haben (Roger Williams, Massachusetts Bay Colony)

Christliche Gegner der Ehe für alle sind, so Simon Hehli, in Wahrheit vornehmlich homophobe Fundamentalisten. Mit dieser unliberalen Haltung wird nicht nur verkürzt, sondern eine ganze Bevölkerungsgruppe aufgrund ihrer Haltung gecancelt.

Tatsächlich argumentiert die Schweizerische Evangelische Allianz SEA für die Ehe von Mann und Frau ohne religiöse Argumente. Säkulare Menschen sollen mit Argumenten angesprochen werden, welche anschlussfähig sind. Solche Strategien sollten jeder Organisation zugestanden werden, welche nur im Geringsten den Anspruch hat, in der öffentlichen Debatte etwas zu bewegen. Religiöse Motive im öffentlichen politischen Diskurs derart zu problematisieren, wie dies im von Simon Hehli genannten Artikel getan wird, finde ich hingegen äusserst schwierig. Eine wachsende Gruppe von Menschen weltweit begründet ihre Werte und Überzeugungen religiös. In einer pluralistischen Demokratie müssen diese Werte selbstverständlich nicht von allen geteilt werden. Aber Menschen müssen ihre Argumente auch religiös begründen dürfen, ohne gleich stigmatisiert zu werden.

Simon Hehli unterstellt, dass religiösen Motiven tendenziell Homophobie zugrunde liegen muss. Ich bin in den letzten Tagen vielen Christen begegnet, die Freundschaften mit homosexuellen Menschen pflegen, jedoch gegen die Ehe für alle sind. Der christliche Glaube bringt viele Christen dazu, Ehe als eine Verbindung von Mann und Frau zu sehen. Vor allem aber leitet sie ihr Glaube an, alle Menschen zu lieben – unabhängig ihrer Hautfarbe, sexuellen Orientierung, Ethnie etc. Gerade jene Menschen, welche sich zur Wahrheit des christlichen Glaubens bekennen, sind besonders pluralismusfähig.

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